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Quo vadis Militaria?

Bastian Brücker • 9. Oktober 2019

Was war und was vielleicht kommen wird

Wenn man sich über Jahre mit dem Thema Militaria beschäftigt, dann kommt man nicht umhin mal eine Rückschau zu halten, aber auch einen Blick in die Zukunft zu wagen. Wie war die Entwicklung bisher, was gibt es für Trends und wo mag die Reise hingehen?


Ich kann natürlich nicht für alle Teilbereiche des Hobbys sprechen, sondern nur meine subjektiven Eindrücke wiedergeben. Jedoch decken sich diese mit vielen Sammlern mit denen man gesprochen hat, sich austauscht und im engen Kontakt steht. Teilweise gehen die Meinungen aber auch völlig auseinander und es bleibt spannend zu sehen in welche Richtung sich das Hobby entwickeln wird.


Wie ging es los bzw. wo ist man gestartet? Nach langer Pause habe ich erst mit Anfang 20 wieder angefangen das Hobby für mich neu zu entdecken. Ich habe erste Internetforen mehr oder weniger durch Zufall gefunden und mit einem Schlag war die Anzahl der Sammler mit denen man in Kontakt treten konnte um einiges höher als vorher. Man konnte sich zeitnah über Grenzen hinweg austauschen, Kopien wurden schneller als bisher erkannt und so mancher Fehlkauf konnte vermieden werden. Es ging meiner Meinung nach auch noch recht familiär zu. Man „kannte“ sich aus den Foren, man wusste wer was sammelt, wer die Spezialisten für dieses und jenes Stück waren. So hätte es auch gerne bleiben können, aber nichts bleibt für immer und nichts ist beständiger als der Wechsel. Irgendwann bekam man immer öfter die Frage gestellt: „Was ist das? Welcher Hersteller ? Ist es selten?“. Die Jagd nach den Varianten war eröffnet. Wann es genau losging und wer damit anfing kann ich gar nicht mehr so genau sagen. Aber im Wehrmacht Awards Forum wurden immer öfter Stücke über Nadelsysteme einem Hersteller zugeordnet und auch in den deutschsprachigen Foren konnte man diese Fragen immer öfters lesen.

Die ersten Fachbücher speziell für einzelne Auszeichnungen erschienen. Angefangen mit dem Buch über das Allgemeine Sturmabzeichen von Frank Heukemes, weiter mit Sascha Webers Buch über das Infanteriesturmabzeichen und vielen weiteren Büchern. Danach wurde der Ansturm auf die Hersteller und Varianten noch größer. Zum einen wollte jeder die seltenen Varianten haben, zum anderen wollte jetzt jeder sein Stück einem der abgebildeten Stücke in den Büchern zuordnen. Oft konnte man später in den Foren (oder bei Händlern) lessen, dass dieses oder jenes Stück „textbook“ sei. Soll heißen, genauso wie im Fachbuch XY abgebildet. Ein weiter „Echtheitsbeweis“ also. Und wo die Nachfrage groß ist, da sind die Händler nicht mehr weit. Plötzlich war es nicht mehr ein ganz normales Infanteriesturmabzeichen im wöchentlichen Update, sondern eine seltene Variante des Herstellers XY. Natürlich hat sich dies gleich im Verkaufspreis niedergeschlagen. Man kann den Händlern es noch nicht einmal verübeln, dass sie diese Nachfrage dann bedient haben. Viele Sammler sind dann auch noch auf diesen Zug aufgesprungen und haben auch die jetzt höheren Preise akzeptiert oder beim eigenen Verkauf verlangt. Man konnte eine gewisse Wellenbewegung erkennen, ein neues Fachbuch zu einer einzelnen Auszeichnung kommt auf den Markt und schon steigt die Nachfrage und damit auch die Preise. Das Infanteriesturmabzeichen, das Allgemeine Sturmabzeichen, das Panzerkampfabzeichen etc. waren natürlich die gleichen wie vorher, aber quasi über Nacht wurde eine ganz neue Nachfrage entfacht und auch bedient. Sammler sind auch irgendwo Herdentiere, kaum ist ein Hype entfacht rennen diesem ganz viele hinter her. Man kennt das vielleicht noch aus den Trödelmarkt Zeiten. Kaum steht man mit 1-2 Leuten am Tisch kommen sofort andere dazu… könnte ja ein Schnäppchen zu machen sein.


Die Wellenbewegungen sind dann irgendwann auch mal wieder abgeklungen und so mancher Sammler war dann ein wenig überrascht, das er für sein teuer bezahltes Stück nicht mehr den gleichen Verkaufspreis erzielen konnte.

Schaut man in die öffentlichen Updates der Händler und sieht was für Preise teilweise aufgerufen werden, wie schnell manche Stücke als verkauft markiert werden, dann dürften so manchen Sammler nicht nur die finanziellen Mittel ausgehen, sondern auch die Lust am Sammeln. Preise für ein Infanteriesturmabzeichen haben sich teilweise schon der 1000 Euro Grenze genährt. Aber die Frage muss erlaubt sein wie realistisch sind solche Preise? Nicht alles was auf „verkauft“ steht ist auch wirklich für diesen Preis verkauft, oder überhaupt verkauft worden. Ein Schuft wer Böses dabei denkt. Aber auch so können schöne Signale in den Markt gesendet werden. Frei nach dem Motto: Guckt doch mal, der Händler XY hat sein Stück für 900 Euro verlangt und es auch verkauft, bei mir kostet es nur 600 Euro. Für ein Stück, welches davor für maximal 200 Euro zu verkaufen gewesen wäre.


Mittlerweile ist auch fast jedes Stück nur noch selten oder gesucht. Auch in den Foren findet sich oft dieser Verkaufstext. Ein Händler hat mir gegenüber mal zwei interessante Aussagen getätigt:

1.Alles was der Kunde sucht ist selten

2.Seltenheit ist nur eine Frage der Verteilung

Was meint er damit? Nun wenn der Kunde es sucht muss es ja selten sein, sonst würde es nicht suchen, sondern hätte es schon längst. Ergo der Preis geht nach oben für dieses Stück.

Es ist wirklich so, dass man bestimmte Stücke in bestimmten Regionen des Landes einfacher findet als wo anders. Woran liegt das? Nun das kann zum einen daran liegen das bestimmt Einheiten in dieser Region stationiert waren und man deshalb z.B. Sachen der Gebirgsjäger eher im Süden des Landes findet als im Norddeutschen Raum, umgekehrt verhält es sich mit Sachen der Marine. Dies merkt man vor allem bei privaten Ankäufen. Zum anderen war es so, dass z.B. bis vor der Wende Stücke des Hersteller Wurster aus Markneukirchen eher in den ostdeutschen Bundesländern auftauchten als im Westen. Aber sind die Stücke deshalb jetzt wirklich seltener? Die Stücke an sich nicht, nur der Zugriff darauf war nicht so leicht.

Weiterhin ist der Zustand der Stücke immer wichtiger geworden. Während früher viele Sammler „geschleppte“ Stücke gesucht haben, also Stücke denen man ansieht das sie „dabei“ waren bevorzugen jetzt immer mehr Sammler Stücke die man vom Zustand her als „ungetragener Bestzustand“ bezeichnet. Dabei ist es egal ob es sich um Ausrüstung, Helme, Dolche, Orden und Ehrenzeichen oder Uniformen handelt. Komischerweise wurde auch diese Nachfrage relativ schnell bedient. Woher diese ganzen ungetragenen Stücke kommen kann ich nicht beantworten. Aber die Nachfrage hält weiterhin an.

Nachfrage… auch so ein interessantes Thema. Grundsätzlich würde ich behaupten, dass die Nachfrage nach Militaria weiterhin hoch ist. Im Gegensatz zu Briefmarken, Telefonkarten oder Ü-Eier Figuren wo immer weniger (junge) Sammler sich dafür interessieren, bleibt für deutsche Militaria die Nachfrage weiterhin auf einem hohen Niveau. Woran liegt das? Früher gab es eigentlich nur die Internetforen um Gleichgesinnte zu treffen. Aber dann kamen Facebook und WhatsApp Gruppen und man hatte noch viel leichter die Möglichkeit sich rund um das Thema Militaria auszutauschen. Gerade bei den Facebook Gruppen hat man einen starken Zuwachs gesehen. Aktuell, wurden aber viele Gruppen von Facebook gelöscht und es ist eine Abwanderung auf russische Seite zu beobachten. Hier merkt man dann auch am meisten den Wandel von Alt zu Neu… sprich Sammler die schon älter sind, mit den Foren gut klarkommen (aber sich auch da schon mit Umstellung der Forensoftware schwertun) und jungen Sammlern für die Facebook und WhatsApp zum Alltag gehören. International waren es früher die Amerikaner die für eine große Nachfrage gesorgt haben und auch hohe Preise gezahlt haben. Dies hat sich mittlerweile auch ein wenig geändert. Gerade die Händler verkauften immer mehr in Richtung Russland und neuerdings auch Richtung China. Die Folgen dieser Nachfrage zeigen sich ganz praktisch. So geraten immer mehr die „kleinen“ Auszeichnungen in den Vordergrund (Ostmedaillen, Verwundetenabzeichen etc.) da die Preise für Ritterkreuze, Deutsche Kreuze, goldene Nahkampfspangen für viele einfach unerschwinglich geworden sind.

Ein weiteres Sammelgebiet das immer mehr wächst sind die sogenannten 57er Auszeichnungen. Also Stücke die nach dem Ordensgesetz von 1957 in abgeänderter Form ohne Hakenkreuz hergestellt wurden. Frühe Stücke erfreuen sich auch hier immer größerer Beliebtheit. Dennoch ist die Nachfrage im Vergleich zu Stücken aus der Zeit von 1933 - 1945 bedeutend geringer.

Aber woher kommt das ganze „Zeug“ eigentlich noch? Nun man muss sagen, dass Stücke direkt aus dem Trägerhaushalt, also vom Träger selbst oder den Nachfahren, immer seltener werden. Natürlich gibt es diese privaten Verkäufer immer noch und auch nicht wenige. Innerhalb des Hobbys geht aber vieles über andere Sammler, Zuträger wie Antiquitätenhändler oder Haushaltsauflöser oder eben Händler. Die klassischen Anzeigen in Printmedien gibt es zwar auch noch, werden aber mehr und mehr durch Anzeigen bei ebay Kleinanzeigen oder eigenen Ankaufseiten (so wie meine hier) abgelöst. Die Welt ist immer mehr im Wandel zum digitalen Zeitalter.

Man kann damit rechnen, dass in nächster Zeit viele Altsammlungen von Sammlern der ersten Stunde auf den Markt kommen. Diese Sammler haben meist schon in den 60er Jahren angefangen zu sammeln und sind nun teilweise 70 oder mehr Jahre alt. So mancher verkauft seine Sammlung ganz bewusst noch zu Lebzeiten, anderen Sammlungen werden von den Nachfahren verkauft. Hier merkt man dann, dass vielfach die Nachfahren mit diesem Hobby nichts bis wenig anfangen können. Sei es, weil es sie einfach nicht interessiert, oder aber aus politischer Überzeug mit dem „Nazi-Kram“ nichts zu tun haben wollen. Im schlimmsten Fall werden so Sammlungen dann vernichtet. Man kann zu dem Hobby stehen wie man will, aber es schmerzt dann doch immer wieder wenn solche Sammlungen oder einzelne Stücke vernichtet werden und wieder ein Stück Geschichte für immer verschwindet.

Außerhalb der Militaria Szene ist die Akzeptanz für dieses Hobby eher gering. Es gibt auch natürlich auch in der Militaria Szene schwarze Scharfe die dafür sorgen, dass man als Sammler solcher Stücke direkt in die rechte Ecke gestellt wird. Ich trete dem gegenüber in dem ich offen und ehrlich mit dem Thema umgehe und oft in Gesprächen deutlich mache das es nicht um die Politik geht, sondern um die Stücke an sich, um die Herstellung, die Verleihungspraxis, die Geschichte dahinter etc. Nicht jeder der Stücke aus dem Kaiserreich sammelt wünscht sich den Kaiser zurück, nicht jeder der Auszeichnungen der Sowjetunion sammelt ist ein Kommunist. Bei Militaria aus der Zeit von 1933 - 1945 wird reflexartig aber oft eine Nähe zur nationalsozialistischen Politik unterstellt. Dieser Blog soll unter anderem dazu dienen Stücke aus dem Krieg darzustellen und auf hoffentlich interessante Art und Weise Wissen zu vermitteln.

Es bleibt spannend zu sehen wie sich das Thema Militaria entwickelt. Für manche wird es vielleicht in Zeiten von geringen, oder vielleicht auch bald Negativzinsen, eine Art Wertanlage werden. Vor allem was hochpreisige Stücke betrifft. Dies dürfte weiter steigende Preise bei gesuchten Stücken hervorrufen. Für die Sammler könnte das dazu führen das mehr und mehr andere Bereiche in den Fokus rücken die bisher eher ein Schattendasein gefristet haben. Bestes Beispiel, die vorher angesprochenen 57er Auszeichnungen. Egal wie es weitergeht, es wird sicherlich auch weiterhin eine Menge Bewegung im Markt sein und sich neue Trends entwickeln.

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