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Ich habe mir letztens mal das ein oder andere Update einiger Händler angeguckt und bin dann auf Stücke des vermeidlichen Herstellers Ludwig Bertsch gestoßen.
https://www.weitze.net/cgi-bin/suche/suche.pl?q=Bertsch#s=alle
Ich war dann ein wenig verwundert, ist mir dieser Hersteller noch nicht als Produzent von Kampfauszeichnungen begegnet. Irgendwas ist da wohl an mir vorbeigegangen, aber man kann ja nicht jede Entwicklung oder Entdeckung mitbekommen. Also habe ich einen befreundeten Sammler gefragt. Dieser hat mir den Tipp gegeben, ich solle doch mal im Buch über das Panzerkampfabzeichen von Philippe de Bock auf Seite 259 ff. nachschlagen. Gesagt getan. Was findet man dort bzw. wie kommt die Zuordnung zustande?
Demnach war es Giel Van Wassenhove der „started to thinking outside the box“ und das bisher unbekannte Logo nicht als LM, sondern als LB und damit Ludwig Bertsch „identifiziert“ hat
LB deshalb, da das Logo von Hermann Aurich in gleicher Art und Weise aufgebaut ist. Also das H oben und das A unten… analog dazu
L oben und B unten. Dazu kommt, dass die Stücke mit „LB“ Markierung quasi 1:1 den Aurich Stücken ähneln.
Philippe de Bock schreibt, dass nicht bekannt ist in welcher Beziehung die beiden Firmen zueinanderstanden, aber es offensichtlich ist, dass sie eng zusammengearbeitet haben und auch den gleichen Hersteller für die Nadelsysteme hatten.
Schaut man sich dann noch die Präsidialkanzleiliste an, so fällt auf, Aurich hat die 113 und Bertsch die 114 als Nummer.
Dies wäre laut Philippe de Bock ein ganz klarer Hinweise darauf, dass beide ihre Genehmigungen zum gleichen Zeitpunkt auf Grundlage eines gemeinsamen Projekts erhalten haben.
Wo setzt nun meine Kritik an?
Fangen wir erst einmal mit ein paar Hintergrundinformationen über die Firma Ludwig Bertsch an. Die Firma gab es schon seit 1842 und sie hat bis 1933 sämtliche Orden für den Staat Baden gefertigt. Für dieses Thema ist jedoch der Zeitraum 1933 - 1945 relevant.
Die Ausstattung für die Herstellung von Orden du Ehrenzeichen war also grundsätzlich erst einmal vorhanden. Über den Umfang der Betriebs- und Geschäftsausstattung liegen leider keine weiteren Informationen vor. Somit ist es schwer die Produktionskapazität der Firma einschätzen zu können.
Der damalige Betriebsinhaber Dipl. Ing. Karl Künkel leitete seit 1911 die Geschicke der Firma und hatte mit so manchen Schwierigkeiten zu kämpfen. So war die betriebliche Ordensfabrikation seit jeher ausschließlich auf Staatsaufträge angewiesen. Künkel war innerhalb der Stadt Karlsruhe gut vernetzt, so gehörte er dem Vorstand der Karlsruher- sowie des Badischen Einzelhandels an, war Vizepräsident der IHK und für die Deutsche Volkspartei bis 1933 im Stadtrat vertreten. Er wurde später auch Parteimitglied, laut eigener Aussage aber aus reiner Nötigung und nur aus Rücksicht auf seine staatliche Lotterie Einnahme und seiner Ordensfabrikation. In letzterer wurden im Durchschnitt 10-15 Arbeiter beschäftigt.
Kinkel selbst versuchte nach Kriegsende schnell wieder eine Genehmigung zur Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebes zu bekommen, was aber wohl nicht ganz so einfach war. In einem Schreiben an die IHK Karlsruhe vom 28.12.1945 Betreffs Wiedereröffnung schreibt er etwas Interessantes.
„zwecks Ermöglichung der Wiedereröffnung meines 1942 behördlicherseits und 1944 total ausgebombten Geschäftes, nebst Werkstatt und Fabrikationsbetriebes, übermittle ich anbei die hierzu erforderlichen Unterlagen…“
In einem Schreiben mit gleichen Datum an das Arbeitsamt weicht er etwas von dem Schreiben an die IHK ab. Dort heißt es:
„… meine Firma Ludwig Bertsch, Juwelier, die seit 1843 in ununterbrochener Folge existiert, wurde im Februar 1943 behördlicherseits geschlossen, lediglich mein Werkstattbetrieb durfte weiter arbeiten…“
Man kann also festhalten, ab Februar 1943 wurde die Firma geschlossen. Möglicherweise lagen zwischen Anweisung und tatsächlicher Schließung noch ein paar Wochen was den zeitlichen Unterschied in den Schreiben erklären würde.
Aber welche Auszeichnungen hat nun die Firma Bertsch hergestellt? Im Netz findet man dazu nicht wirklich viel. Wir hätten da einmal Mutterkreuze, Wiederholungsspangen und eben die Stücke die aufgrund der Zuordnung im Buch über das Panzerkampfabzeichen gezeigt werden. Also Panzerkampfabzeichen und Heeresflakabzeichen. Es gibt aber auch das Minensucheraberzeichen und Infanteriesturmabzeichen mit dieser Markierung. Alle dies Stücken sind aber sehr selten.
Fangen wir mit den Mutterkreuzen an. Diese sind nachweisbar und zwar über entsprechend markierte Etuis für Mutterkreuze und einem Eintrag im Kassenbuch der Präsidialkanzlei aus dem April 1940. Dort werden Mutterkreuze im Wert von 3325 Reichsmark abgerechnet.
Bei den Eisernen Kreuzen taucht die Firma auf einer Liste der Präsidialkanzelei vom 20. Mai 1940 auf. Leider wird nicht aufgeführt welche Firma für welche Auszeichnungen einen Auftrag erhalten hat. Die Firma Bertsch taucht dort an 11. Stelle auf.
Es gibt Zellstofbeutel für die Spange zum Eisernen Kreuz 2. Klasse mit Stücken die man vom Design her B.H. Mayer zuordnet. Die Zellstoffbeutel selbst sind auch interessant, wird doch eine Art von Zellstoffbeutel verwendet der nicht denen gleicht wie man sie z.B. von dem Hersteller Hammer her kennt. Auch das Schriftbild ist eher unsauber im Vergleich zu andern Zellstoffbeuteln mit gleichem Druckbild. Wie man diese Tüten einordnet muss jeder für sich selbst entscheiden. Ich möchte an dieser Stelle keine Bewertung abgeben.
Auf einer ähnlichen Liste der Präsidialkanzlei vom 26. September 1941, ist die Firma Bertsch nicht mehr aufgeführt. Auch in weiteren Dokumenten findet man keinen weiteren Eintrag mit Bezug auf die Firma Bertsch als Hersteller von Orden und Ehrenzeichen. Vielleicht wird die Zeit weitere Informationen bringen.
Interessant ist auch die Vergabe einer PK-Nummer an die Firma Bertsch. Nach heutigen Wissensstand haben nur solche Firme eine entsprechende Nummer bekommen, die auch Aufträge der Präsidialkanzlei erhalten haben. Bis auf die Mutterkreuze (interessanterweise datiert aus April 1940) und dem oben genannten Schreiben gibt es keinen weiteren Nachweis auf eine Auftragsvergabe durch die Präsidialkanzlei. Möglicherweise hat die Firma schon zu einem ganz frühen Zeitpunkt eine PK-Nummer bekommen (als Hersteller für Mutterkreuze und/oder Wiederholungsspangen), oder aber sehr viel später. Allerdings liegen für einen späteren Zeitpunkt keine belastbaren Beweise zur Verfügung. Die Firma müsste ja dann noch weiterhin für die Präsidialkanzlei gearbeitet haben. Es scheint auch eher unwahrscheinlich, dass Bertsch später noch Aufträge für die Präsidialkanzlei durchgeführt hat. In dem Schreiben aus September 1941 taucht die Firma nicht mehr auf und Ende 1942 oder Anfang 1943 wurde die Firma behördlicherseits ja geschlossen (warum auch immer).
Nach diesen Ausführungen wieder zurück zu der Herstellzuordnung im Buch über das Panzerkampfabzeichen.
Was aber hat es mit dem angeblichen Bertsch Logo auf sich? Da es keine Unterlagen oder andere Beweise gibt, kann man hier wirklich nur spekulieren. Meiner Meinung nach stammen diese Stücke wirklich von Aurich. Ich bin bei Philippe de Bock wenn er schreibt das die Panzerkampfabzeichen quasi Zwillinge sind. Ich würde aber eher daraus schlussfolgern, dass Aurich diese Stücke hergestellt hat. Für wen und aus welchem Grund auch immer. Die Seltenheit dieser Stücke spricht dafür, dass keine großen Mengen gefertigt wurden. Der Grund dafür bleibt ebenfalls unbekannt.
Nach all den aufgeführten Punkten kann man sagen, dass die die Firma Bersch ein Ordensfabrikant war der staatliche Aufträge erhalten hat (Mutterkreuze). Die Wiederholungsspangen scheinen eher von anderen Firmen zugekauft worden zu sein, als das sie selbst produziert wurden. Da die Firma frühzeitig den Betrieb eingestellt hat macht es für mich keinen Sinn das sie Kampfabzeichen des Heeres in Zink produziert hat. Jeglicher Beweis dazu fehlt. Als letzter Punkt wäre die Sache mit dem Logo... dieses angebliche LB-Logo kann der Firma Bertsch nach heutigen Wissenstand nicht zugeordnet werden. Weder Auszeichnungen von vor 1933, Plaketten aus der Zeit danach (siehe den Link zur Firma Weitze ganz am Anfang) noch andere Gegenstände aus dem Bereich der Schmuck- und Silberwaren zeigen ein solches Logo. Auch der Briefkopf der Firma aus dem Jahre 1946 gibt dieses nicht wieder. Ganz im Gegensatz übrigens dazu die Firma Aurich, welche ihr Fabrikzeichen auch auf Briefbögen abgedruckt hat.