Beide Stufen des Kriegsverdienstkreuzes an einem Tag
Hallo zusammen,
heute möchte ich euch den aus meiner Sicht bislang einmaligen Nachlass des damaligen Leitenden Ingenieur Albert Lincke vorstellen.
Obwohl man bei der Bezeichnung „Leitender Ingenieur“ unwillkürlich an ein Besatzungsmitglied eines U-Boot denkt, bin ich mir sicher, dass Albert Lincke Angehöriger der Handelsmarine war (als Angehöriger der Kriegsmarine hätte auf den Urkunden sein Dienstgrad und die Laufbahn
angegeben werden müssen, zb. Oblt. (Ing) und nicht wie hier 'nur' Ltd. Ing.).
Zur Person von Albert Lincke habe ich leider nur wenig Informationen, die sich ausschließlich aus den vorliegenden Dokumenten herauslesen lassen.
Albert Lincke wurde am 12.06.1910 in Friedenfeld (Ukraine) geboren und war, wie aus den vorliegenden Urkunden ersichtlich ist, 1943 Angehöriger der Seetransportstelle Biserta (andere Schreibweise Bizerta oder Bizerte)
Zu diesen Seetransportstellen konnte ich folgendes finden:
„Für die Bereitstellung von Hilfsschiffen und Personal und die Durschführung von Truppenund Nachschubtransporten waren vor dem 2. Weltkrieg vier Kriegsmarinedienststellen (KMD) mit Sitz in Hamburg, Bremen, Stettin und Königsberg zuständig. Im Krieg wurden ihnen Zweigstellen an der deutschen Küste sowie im besetzten Ausland zugeordnet. Darüber hinaus wurden spezielle Seetransportdienststellen eingerichtet mit jeweils eigenen Seetransportchefs für die Bereiche Ägäis, Norwegen, Italien und Schwarzes Meer. Diesen Seetransportdienststellen war je eine Anzahl nachgeordneter Seetransportstellen zugewiesen.
In den ersten Monaten des Jahres 1943 drängten die Alliierten die Heeresgruppe Afrika immer weiter Richtung Tunesien zurück und versuchten gleichzeitig, sie von ihrem dringend benötigten Nachschub abzuschneiden. Dies führte zu intensiven Luftangriffen gegen die Transportschiffe im Mittelmeer und gg. die Nachschubhäfen in Italien und in Tunesien.
Bei der Durchführung und Aufrechterhaltung dieser Nachschubtransporte muss sich Lincke in besonderer Weise ausgezeichnet haben, denn wie bereits oben angedeutet, kommt es am 01.03.1943 zu einem aus meiner Sicht bislang einzigartigen Vorgang – der gleichzeitigen Verleihung der 2. und 1. Klasse des Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern.
In den Verleihungsbestimmungen über die Verleihung des Kriegsverdienstkreuz ist zu lesen, dass die Verleihung des KvK der 1. Klasse ohne vorherige Verleihung der 2. Klasse auf besonders hervorragende Verdienste beschränkt sein soll!
In diesen Ausnahmefällen wird die 2. Klasse zugleich mit der 1. Klasse verliehen.
In einer weiteren Ergänzung wird die Verleihungsbefugnis geregelt. Die 2. Klasse wird durch Marinegruppenbefehlshaber, Kommandierende Admirale in den jeweiligen besetzten Gebieten usw. und die erste Klasse durch den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine verliehen.
Dies dürfte hier der Fall gewesen sein.
Durch den kommandierenden Admiral des deutschen Marinekommandos Italien, Vizeadmiral Meendsen-Bohlken wurde gemäß seiner Befugnis am 01.03.1943 das Kriegsverdienstkreuz II. Klasse mit Schwerter an Lincke verliehen, während der Antrag zur Verleihung des Kriegsverdienstkreuz I. Klasse mit Schwertern nach Berlin an das Oberkommando der Kriegsmarine zur Prüfung geschickt wurde.
Dort wurde dem Antrag stattgegeben und ebenfalls am 01.03.1943 das KvK 1. Klasse mit Schwerter durch den Oberbefehlshaber der Kriegsmarine, Großadmiral Dönitz, verliehen.
Irgendwann im März/April 1943, kurz vor dem Fall Bizerta's im Mai 1943, kehrte Lt.Ing. Albert Lincke nach Hamburg zurück.
Dort erfolgte am 08.04.1943 die Verleihung des Verwundetenabzeichen in schwarz an Lincke, welches ihm für seine am 01.01.1943 erlittene Verwundung durch den Admiral der Kriegsmarinedienststelle Hamburg (s.o. Bei Seetransportstelle) verliehen wurde. Der Name des
Vizeadmirals ist mir leider nicht bekannt.
Lincke verblieb in Hamburg und legte dort am 01.10.1943 die Prüfung zum Seemaschinisten I ab.
Als letzte Auszeichnung an Lincke erfolgte die Verleihung des Ärmelband 'Afrika'.
Bei der Verleihungsurkunde handelt es sich um einen von drei bekannten verschiedenen Druckmustern, die für Angehörige der Marine verwendet wurde. Die Urkunde vom 20.10.1944 wurde durch Vizeadmiral Löwisch, dem Nachfolger von Vizeadmiral Meendsen-Bohlken, als
Befehlshaber des Marinekommandos in Italien unterzeichnet.
Kommt es bei den Eisernen Kreuzen schon selten vor, dass beide Klassen gleichzeitig verliehen werden, ist mir persönlich bislang keine andere Gruppe bekannt, bei der beide Stufen des Kriegsverdienstkreuz am selben Tag verliehen wurden.
Meinungen oder andere Erkenntnisse sind wie immer erwünscht.