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Sammlergenehmigung zu Kriegszeiten

Bastian Brücker • 5. November 2020

Erteilung durch die Präsidialkanzlei

In diesem Beitrag geht es um die Beantragung einer Erlaubnis zum privaten Kauf von Orden und Ehrenzeichen zu Kriegszeiten. Auch damals gab es schon Sammler die zum Aufbau oder Vervollständigung einer Sammlung Orden und Ehrenzeichen kaufen wollten. Heutzutage ( hier eine Übersicht) ist sehr genau geregelt, wo und wie man eine solche Genehmigung bekommt. Nach Durchsicht der erhaltenen Aktenbestände aus dem Zeitraum 1941 bis 1944 scheint es so, dass es keine wirkliche gesetzliche Grundlage gab auf der solche Sammlergenehmigungen ausgestellt wurden. Sollte aber jemand genauere Informationen vorliegen haben, oder die genauen gesetzlichen Vorschriften kennen, würde ich mich sehr über eine kurze Info freuen.

Anhand von verschiedenen Beispielen wird gezeigt, dass es bei der Entscheidung ob eine Genehmigung erteilt wurde oder nicht, durchaus unterschiedliche Bewertungsmaßstäbe angelegt wurden. Auch gibt es keine einheitliche Regelung für die verschiedenen Auszeichnungen bzw. wer dafür zuständig war. Mitunter wurden die Antragssteller an die verschiedensten Dienststellen verwiesen. Man kann aber sagen, dass in den meisten Fällen die Präsidialkanzlei unter Dr. Doehle dafür den „Hut auf hatte“.

1. Beispiel

Schreiben an die Präsidialkanzlei vom 15. Oktober 1941

… mein Sohn Manfred Schreiterer, geb. 06. November 1925 sammelt seit einigen Jahren Orden und Ehrenzeichen. Er hat sich mit Fleiß und Eifer eine Anzahl Orden zusammengetragen, liest das einschlägige Schriftentum, so dass er es auf diesem Gebiet zu einem beachtlichen Wissen gebracht hat. Zur Vervollständigung seiner Sammlung benötigt er noch insbesondere die Orden und Ehrenzeichen des Weltkrieges und der Jetztzeit, die er ohne Ausweis nicht erwerben kann. Ich bitte deshalb, meinem Sohn Manfred einen Schein auszustellen, der ihm zum Einkauf von Orden und Ehrenenzeichen für Sammlerzwecke berechtigt. Ich bürge dafür, dass mit den Orden Unfug nicht getrieben wird. Ich selbst bin Kriegsteilnehmer von 1916-18 und 1939-40 und seit einem Jahre wegen Krankheit aus dem Heeresdienst entlassen. Bei der Firma Bernh. Dietel. A.G. habe ich die Stellung eines Vorstandsmitgliedes. Ich hoffe das meinem Ansuchen stattgegeben werden und grüße mit…


Dieses Schreiben wurde von Dr. Doehle am 22. Oktober 1941 kurz und knapp mit folgender Begründung abgelehnt:

… Auf das Schreiben vom 15. Oktober 1941 teile ich mit, dass die Genehmigung zum käuflichen Erwerb von Orden und Ehrenzeichen für private Ordenssammlungen an Minderjährige grundsätzlich nicht erteilt wird….

2. Beispiel

Schreiben an die Präsidialkanzlei vom 05. Oktober 1942

… Hierdurch ersucht Endesunterzeichneter um die Bewilligung eines Sammlerausweises. In meinem Besitz befinden sich 520 Orden aller Länder, darunter Holland und Belgien komplett. Seit 10 Jahren stehe ich im Tausch mit Deutschen Museen, und habe 36 Orden unserer Kriegsgegner zur Vervollständigung der Kriegssammlungen gestiftet.

Falls der Ordenskanzlei eine Bibliothek angegliedert sein sollte, bin ich gerne bereit für dieselbe ein neues Werk über Belgische, Französische und Englische Orden mit Fotos und Bandkarten zu übersehen.

Ich bin Kriegsfreiwilliger vom Weltkrieg und heute Zugführer der Warnzentrale Aachen, so dass ich mir der Verantwortung im Umgang mit Orden voll bewusst bin. Zur Bestätigung vorstehender Angaben können sie Rückfragen nehmen bei dem Zeughaus Berlin, Bayrisches Armeemuseum München, Sächsisches Armeemuseum Dresden…


Bevor die Präsidialkanzlei eine Antwort verfasste bzw. die Genehmigung erteilen wollte, wurde zunächst einmal Rücksprache mit dem Regierungspräsidenten Aachen genommen, mit der Bitte um Stellungnahme, ob in der Person des Antragsstellers oder aus sonstigen Gründen Bedenken gegen die Erteilung einer Sammlergenehmigung Einwände bestehen würden.

Der Antragsteller wurde von Seiten der Präsidialkanzlei in der Zwischenzeit noch gefragt, welche einzelnen Stücke er kaufen möchte und sofern die Auszeichnung in Abstufungen verliehen wird, auch die einzelnen Stufen. Ebenso in welchem Geschäft er die Stücke kaufen wird.



Von Seiten des Regierungspräsidenten Aachen wurde eine Überprüfung vorgenommen, unter anderem auch eine Anhörung der Geheimen Staatspolizeistelle Aachen. Es wurden aber keine Gründe gefunden, die gegen die Erteilung einer Sammlergenehmigung gesprochen hätten. Dies wurde der Präsidialkanzlei dann auch am 29. Oktober 1941 mitgeteilt.

Nach der Rückmeldung des Regierungspräsidenten wurde dann die Genehmigung erteilt.

3. Beispiel


 

Erstmal nachweisbar sind Ablehnende Bescheide derPräsidialkanzlei ab dem 25. Februar 1942

 

Begründet wurde wie folgt.

 


Die folgende Anfrage ist interessant, da sie Aufschluss darüber gibt, warum eine detaillierte Auflistung der Orden und Ehrenzeichen verlangt wurde, das es befristete Genehmigungen gab und das das Ordengeschäft den Verkauf noch einmal bescheinigt hat.

Ausgehend von der Anfrage von W.F. Gohlisch vom 30. September 1941 wurde vorab wieder eine Anfrage an den Zuständigen Regierungspräsidenten (hier Hannover) gestellt und angefragt, ob Gründe gegen Erteilung der Genehmigung bestehen würden. Gohlisch präzisiert seine Anfrage noch einmal mit Schreiben vom 06. Oktober 1941 und erhält von der Präsidialkanzlei eine sehr ausführliche Antwort. In dem Antwortschreiben vom 11. Oktober 1941 heißt es:


… Die Beschaffung von Orden, Ehrenzeichen und Ordensbändern für Ordenssammlungen ist daher nur möglich, wenn die Genehmigung hierzu erteilt ist. Zur Vermeidung eines unbefugten oder unerwünschten Erwerbs von Orden und Ehrenzeichen und auch aus anderen praktischen Erwägungen ist es ferner unbedingt notwendig, dass der Inhaber der Verkaufsstelle genaue Kenntnis erhält über den Umfang der erteilten Genehmigung. Eine allgemein gehaltene Genehmigung des Inhalts, dass ein Sammler ermächtigt wird, nach eigenen Ermessen Orden, Ehrenzeichen und Ordensbänder zu kaufen, wie er sie gerad benötigt, würde bei dem Verkäufer berechtigte Zweifel hervorrufen, ob die Abgabe der verlangten Auszeichnungen erwünscht und zulässig ist…


Nach positiver Rückmeldung seitens des Regierungspräsidenten von Hannover am 04. November 1941 wird Gohlisch die Genehmigung erteilt. Allerdings wird hier eine Befristung und eine Rückgabe nach Ablauf der Genehmigung mit aufgenommen im Vergleich zu den vorherigen Beispielen.

Und hier noch einmal der genaue Wortlaut des befristeten Ausweises mit Auflistung der Stücke die gekauft werden dürfen und der Bescheinigung des Geschäftes wo die Orden gekauft wurden.

Es kam immer wieder vor, dass Sammler auch Auszeichnungen wie das Großkreuz, Ritterkreuz in verschiedenen Stufen und Deutsche Kreuze für die eigene Sammlung kaufen wollten. In der Regel wurden solche Anfragen abgelehnt, allerdings wurden auch hin und wieder Ausnahmen gemacht. Eine Solche Ausnahme ist die Anfrage von Dr. Schütt.

Interessant ist der Hinweis, dass vormals wohl die Polizeipräsidenten die Genehmigung zum käuflichen Erwerb erteilt haben und die Befugnisse erst später auf die Präsidialkanzlei übergingen.

 

Und hier die Ausnahmegenehmigung für Dr. Schütt

 

Interessant vielleicht noch die Selbstkostenpreise. Demnach wurden in Rechnung gestellt:

1.Ritterkreuz des Eisernen Kreuzes 16,00 RM

2.Das Eichenlaub 6,35 RM

3.Eichenlaub mit Schwertern 9,00 RM

4.Deutsches Kreuz in Silber 13,00 RM

5.Deutsches Kreuz in Gold 15,00 RM

6.Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz 15,10 RM

7.Ritterkreuz zum Kriegsverdienstkreuz mit Schwertern 16,20 RM

Ein wenig überraschend findet sich auch eine Anfrage von Elmar Lang. Dieser bittet die Präsidialkanzlei am 03. Februar 1943 um Überlassung eines Kreta und Afrika Ärmelbandes für seine Sammlung (und in einem späteren Schreiben auch um Überlassung einer Ausführung für Ostvölker). Elmar Lang hat laut eigenen Angaben bei diesen Auszeichnungen mitgearbeitet.

Sehr schnell antwortet Doehle auf dieses Schreiben.


Doehle und Lang müssen ein recht gutes Verhältnis miteinander gepflegt haben. Auffällig ist die Grußformel „Ihr ergebener“ während Doehle sonst immer nur mit „In Vertretung gez. Dr. Doehle“ unterschrieben hat. Aber viel wichtiger als diese kleine Anmerkung, ist der Hinweis auf die Firma, bei der die Ärmelbänder bezogen werden sollten. Hensel & Schumann. Diese Firma ist eine alteingesessene Militäreffekten Fabrik mit Sitz in Berlin. Durch diese zwei Schreiben konnte sowohl einer der möglichen Designer dieser Bänder nachgewiesen werden, als auch einer der Hersteller für diese Ärmelbänder.

Das man der Erteilung von Sammlergenehmigungen durchaus kritisch gegenüberstand beweist dieses Schreiben der LDO

 

Zum Teil wurden diese Bedenken auch geteilt, aber die Gründedie für eine Erteilung sprechen, schienen die möglichen Gefahren zu überwiegen.

 

Ein weiterer Beleg, dass auch zu späteren Zeiten noch Genehmigungen erteilt wurden, ist eine Anfrage vom 05. Juni 1944. Angefragt werden Kampfabzeichen (sämtliche Ordensschilde), die Tapferkeits- und Verdienstauszeichnung für Ostvölker und andere Auszeichnungen.

Das Antwortschreiben ist insofern interessant, als das hier unterschieden wird, dass die Anfrage für die verschiedenen Auszeichnungen an verschiedene andere Dienststellen zu erfolgen hat. Wie in Beispiel 2 gezeigt, wurde die Genehmigung zum Kauf von Kampfabzeichen durchaus auch von der Präsidialkanzlei erlaubt. Gut möglich das sich die Zuständigkeiten im Laufe der Zeit geändert haben.

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